Gruẞwort

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

sehr herzlich möchte ich Sie zum 132. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin vom 18. – 21. April 2026 nach Wiesbaden einladen.

Die Medizin steht an einem entscheidenden Wendepunkt. In den vergangenen Jahrzehnten haben Fortschritte in der Forschung und der Transfer in Diagnostik und Therapie unser Verständnis von Krankheiten und deren Behandlung revolutioniert. Doch nun zeichnet sich ein noch umfassenderer Paradigmenwechsel ab, der nicht nur die klinische Praxis, sondern auch die Art und Weise, wie wir über Gesundheit, Krankheit und den Menschen als Ganzes denken, verändern wird. Dieser Wandel ist geprägt von einer zunehmenden Integration innovativer Technologien, einer individualisierten Medizin und einem stark interdisziplinären Ansatz.

Frau mit zusammengebundenen, braunen Haaren und rundlicher, schwarzer Brille, lächelt freundlich. Trägt Helles Hemd, darüber magentafarbenen Blazer und orange-gemustertes Seidentuch.

Paradigmenwechsel in der Inneren Medizin wird vor allem ermöglicht durch Wissenszuwachs in Grundlagen- und klinischer Forschung, Arzneimittelentwicklungen und Technologien, die bislang Undenkbares nun möglich machen: Medikamente, wie die Inkretin-basierte Hormontherapien, mit welchen nicht nur die Adipositas, sondern auch Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz und Fettleber bis hin zur Entstehung des Typ 2 Diabetes erfolgreich behandelt werden können. Das Potenzial –auch jenseits der Inneren Medizin – ist derzeit noch gar nicht abzusehen. Weitere Beispiele sind CART-Zellen, Gentherapie, RNA-Vakzine und Targeting of the Untargetable durch Small Molecules. Machine Learning/KI, E-Health Tools, OMICS Technologien und Hochdurchsatzsequenzierung kommen als Technologische Innovationen hinzu. Seit kurzem wird bspw. Whole Genome Sequenzing im Modellvorhaben zur Aufklärung von seltenen Erkrankungen pilotiert und Molekulare Tumorboards setzen Erkenntnisse aus der genetischen Medizin in die klinische Versorgung um.

All diese Innovationen bieten für Volkskrankheiten und Orphan Diseases ungeahnte Perspektiven für Präzision und Prävention. Die Grenzen vom Seltenen zum Häufigen werden dabei durchlässig. Daraus resultieren neue Erkenntnisse, die im Idealfall einen Paradigmenwechsel einleiten. Ohne diese hätte bspw. die Entwicklung der PCSK9-Inhibitoren zur hocheffizienten Behandlung der Hypercholesterinämie oder der Sklerostin-Antikörper zur bislang wirkstärksten osteoanabolen Therapie der häufigen postmenopausalen Osteoporose nie stattgefunden.  

Doch die Herausforderungen bleiben: Wie gehen wir mit immer komplexeren Datensätzen um? Wie können wir neue Technologien sinnvoll in bestehende Versorgungssysteme integrieren? Für wen sind welche Therapien sinnvoll und welche neue Ziele setzen wir uns? Wie garantieren wir, dass die Menschlichkeit in der Medizin nicht verloren geht, auch in Zeiten der digitalen Transformation?

Warum die Innere Medizin wie kein anderes Fachgebiet prädestiniert ist, den Paradigmenwechsel jetzt und in der Zukunft zu nutzen und bei der Neuausrichtung der Medizin eine Vorreiterrolle zu übernehmen, wollen wir beim Internistenkongress 2026 thematisieren.

Dazu nehmen das Kongressteam und die Programmkommissionen folgenden Fragestellungen näher in den Blick:

  • Moderne Konzepte für Prävention und Therapie – wie setzen wir sie um? PROMS und Patientenverantwortung – Versprechen oder Realität?

  • Digitale Transformation und KI – wo nutzen sie heute und morgen im klinischen Alltag?

  • Ambulanten Medizin als Zukunftsmodell – Chancen und Grenzen?

  • Geschlechterspezifische Medizin, Transition und Long-Term Survivorship – wie schließen wir Wissens- und Versorgungslücken?

  • Interprofessionelle Versorgung und gesellschaftliche Verantwortung – was benötigen wir, um morgen besser zu sein?

  • Wie gewährleisten wir eine breite und nachhaltige Wissenschaftskultur in der Medizin?

  • Was können wir von unseren europäischen Kollegen lernen?

Dieser Paradigmenwechsel ist nicht nur eine Herausforderung, sondern bietet auch die einzigartige Chance, die Medizin als eine zukunftsorientierte Disziplin zu gestalten – basierend auf Prävention, interdisziplinärer Zusammenarbeit und individueller Patientenversorgung. Das erfordert, etablierte Denkmuster zu hinterfragen und bestehende Strukturen kritisch zu reflektieren. In diesem Sinne möchte ich Sie ermuntern, sich auf die Herausforderungen dieses Paradigmenwechsels einzulassen und uns im Laufe des Kongressjahres 2025/26 auch Ihre Gedanken dazu mitzuteilen. Lassen Sie uns offen, integrativ und neu denken, um die Innere Medizin von morgen zu gestalten – eine Medizin, die sowohl technologisch fortschrittlich als auch menschlich ist.

Ich freue mich auf die Begegnungen mit Ihnen und einen anregenden und bereichernden Austausch bei der DGIM 2026.

Herzlich,

Ihre
Univ.-Prof. Dr. Dr. med. Dagmar Führer-Sakel